Mit
Liebe
bezeichnen wir die Bewusstwerdung der allgemeinen Bindungskraft,
die in der Belebung der Welt sich Einzelnes zu Gemeinsames in einer Vereinigung
zusammenfügen lässt, im Einzelnen. Mit allgemeiner Liebe bezeichnen wir die
Wahrnehmung dieser Zusammenhänge, Eigenschaften und Wirkungen im Allgemeinen.
Denn Belebung erfolgt dadurch, dass die an den jeweiligen Prozessen eines Werdens
beteiligten einzelnen Glieder sich gemäß einer vorgegebenen Information
miteinander verbinden. Dies kann nur kraft der allgemeinen Bindungskraft als
eine Eigenschaft der allgemeinen
Lebenskraft geschehen, einer allgemeinen, mithin göttlichen
Eigenschaft, die dem Einzelnen allein nicht anhaftet. Die Liebe ist die
Wahrnehmung dieser Kraft
zur Verbindung im Allgemeinen. Die Wahrnehmung selbst kann immer nur im
Einzelnen erfolgen, das heißt aufgrund und als Ergebnis der einzelnen Prozesse
des Werdens, wie Leben
nur entsteht und dies geschieht ausschließlich leiblich. Leben kann nur leiblich
sein. Die den Leben erzeugenden Prozessen, dem Werden, vorgegebene Information
selbst kann niemals leiblich sein. Sie kann aber für das Leben nur dadurch
Bedeutung erlangen, dass sie in gegenständlichen leiblichen Prozessen zu einem
Werden umgesetzt wird. Der Mensch kann daher auch Liebe nur leiblich erfahren.
Die Liebe zu entleiblichen (caritas deus est), wie dies in vielen Religionen und Weltanschauungen in
Form der Abstrahierung und Idealisierung geschieht, heißt der Liebe ihre
eigentliche Bedeutung als Wahrnehmung der Bindungskraft zu nehmen und sie der
Beliebigkeit der Ideen
auszusetzen, die zu jedem Zweck willkürlich instrumentalisiert werden können.
Damit, dass dabei die Liebe nicht mehr ausschließlich auf das leibliche
Erlebnis der allgemeinen Bindungskraft bezogen ist, wird sie auch ihrer
unmittelbaren Teilhabe an dieser göttlichen Kraft beraubt. Das begründet ihre
nunmehrige Beliebigkeit. Jedes Leben ist Ergebnis der es im jedem Augenblick
erzeugenden Prozesse, was als Werden bezeichnet wird. In den Prozessen setzen
die an ihnen beteiligten Glieder die ihnen vorgegebene Information um, indem
jeder sich zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort in bestimmter Weise
verhält und hierdurch im Zusammenwirken mit den anderen beteiligten Gliedern eine
bestimmte Wirkung erzeugt, die das Belebte darstellt. Das Zusammenwirken setzt
voraus, dass sich die jeweils beteiligten einzelnen Glieder zu einem
Gemeinsamen verbinden, was nur kraft einer bestimmten Bindungskraft erfolgt,
die der zugrundeliegenden Energie die
entsprechende Richtung gibt. Die Bindungskraft ist das, was die allgemeine
Belebung der Welt bedingt, eine allgemeine Eigenschaft der allgemeinen
Lebenskraft, eine göttliche Eigenschaft per definitionem. Das Werden setzt aber
neben dieser Bindungskraft notwendigerweise eine andere allgemeine Kraft in Form
der Verlässlichkeit voraus, die die Prozessbeteiligten veranlasst, die nach der vorgegebenen Information von ihnen benötigten Beiträge auch zu erbringen,
eine Eigenschaft, deren Bedeutung um so größer erscheint, je höher das Bewusstsein
der einzelnen Glieder entwickelt ist, bis zu dem das menschliche Bewusstsein
bestimmenden freien Willen. Liebe setzt
in der menschlichen Wahrnehmung Freiheit
voraus, denn lieben kann man nur aus freien Stücken. Im Heiligtum wird zudem die Meinung vertreten, dass dem Menschen allein deswegen die Freiheit
gegeben wurde, damit er die Götter lieben
kann und das Göttliche
dieser Liebe auch bedarf. Mit jeder Liebe ist aber sogleich eine Entfreiung
verbunden, dass heißt, dass infolge der auf ein bestimmtes Objekt gerichteten
Liebe zugleich die Selbstbindung tritt, die insoweit, das heißt im Rahmen der
Liebe, die Freiheit beschränkt. Eine wesentliche Eigenschaft der Entfreiung ist
die Verlässlichkeit
demjenigen gegenüber, dem man sich entfreit hat, den man also liebt. Das Paar
der Eigenschaften Liebe, als Wahrnehmung der allgemeinen Bindungskraft, und
Verlässlichkeit widersprechen sich einmal, ergänzen sich zugleich zu Einem.
Dass sie begrifflich als Widersprüche von uns nur wahrgenommen werden, folgt
aus der Unvollständigkeit jeden Lebens im Einzelnen und des Menschen als Mangel-
und Irrwesen, tatsächlich sind Liebe und Entfreiung durch Verlässlichkeit
eins. Die allgemeine Bindungskraft, mithin die Liebe, und die Verlässlichkeit,
mithin die Entfreiung, sind allgemeine Eigenschaften der die Welt allgemein
belebenden Kraft, in personalisierter Form im Heiligtum auch als Kraft der
Göttin bezeichnet. In der Liebe wird der Mensch sich der auf ihn bezogen
einzelnen Wirkung einer allgemeinen Kraft, einer göttlichen Eigenschaft
bewusst, er erfährt sie (caritas dei sunt). Diese Kraft kann er auch dadurch erleben, dass er die
Allgemeinheit der Bindungskraft als allgemeine Liebe erfährt. Dies ist nur
möglich, wenn er sein leibliches
Erlebnis der Liebe selbst verallgemeinert.
Die allgemeine Liebe ist die unmittelbare (nicht nur, wie in der informativen Kommunikation
durch Symbole
vermittelte) Wahrnehmung der Allgemeinheit der Bindungskraft und mit ihr
verbunden ist das Erlebnis, mit seinem eigenen einzelnen Leben selbst an der
Belebung der Welt, dem allgemeinen
Leben und damit am Göttlichen teilzuhaben. Die allgemeine Liebe spiegelt sich in der Schönheit, mit deren Hilfe nahezu ein jedes Einzelnes sich ihr öffnen lässt. Der Schritt der Wahrnehmung von
der einzelnen zur allgemeinen Liebe ist nur deswegen möglich, weil es um die
Wahrnehmung einer identischen Eigenschaft geht und allein die besonderen
Eigenschaften des Selbstbewusstseins eine solche allgemeine Wahrnehmung
ermöglichen. Für den Menschen eröffnet dies die Fähigkeit, die allgemeine Liebe
wie die einzelne zu erfahren. Nachdem er Liebe, das Wirken der
Verbindungskraft, nur leiblich erfahren kann, kann nichts anderes für die allgemeine
Liebe gelten und diese ist nur möglich, indem er die leibliche Liebe selber
verallgemeinert. Eine Verallgemeinerung
der leiblichen Liebe wie sie im Sakralakt,
dem leiblichen
Gebet und der Galaktisierung
erfolgt, bedient sich einzelner Liebesakte, die selber dadurch verallgemeinert
werden, dass in der eigentlichen Vereinigung die Vereinzelung des Einzelnen
aufgehoben und er zu einem Teil eines allgemeinen göttlichen Leibes wird.
Inhalt ist nicht die Vereinigung der beteiligten Leiber sondern aller Leiber
und damit mit der Göttin oder auch der allgemeinen Lebenskraft. In dieser
Vereinigung erfüllt sich das allgemeine Leben in der Freiheit der den Göttern
entgegengebrachten Liebe. Mit dieser Liebe entfreien sich die Menschen und
bieten sich mit Leib und Seele selbst dem Göttlichen dar, dass unsere Seelen Du verzehrst. Soweit sich die allgemeine Liebe
schließlich wieder den einzelnen leiblich Beteiligten zuwendet, geschieht dies
ebenso mit der Entfreiung, die nunmehr als Verlässlichkeit ihre Wirkungen auch im
zivilen Zusammenleben
entfaltet. So gründen auch die die Freiheit begrenzenden Pflichten wie Verantwortung
und Gerechtigkeit
auf dieser Entfreiung – nur mit dem Unterschied, dass sie nicht mehr als
abstrakte Anforderungen gelten, sondern wie in jeder Liebe sich als Teil der
damit gegebenen Selbstbindung erweisen. Die allgemeine Liebe ist eine göttliche
Kraft, die Leben durch Verbindung und Vereinigung entstehen lässt und in deren
Wahrnehmung als göttliche Eigenschaft bei der Verallgemeinerung von leiblicher
Lust und leiblicher Liebe der Einzelne im Allgemeinen des Seins aufgehen
kann, zugleich um der mit ihr einhergehenden Entfreiung zur Verlässlichkeit willen. Auch wenn die Natur die allgemeine Liebe in ihren
einzelnen Wirkungen (als einzelne Liebe) bei der Sexualität zur
Erhaltung der Art genutzt hat, mithin im Regelfall die Zweigeschlechtlichkeit
vorgegeben ist, handelt es sich bei der hetrosexuellen Liebe nicht um eine unmittelbare oder auch alleinige Eigenschaft
der allgemeinen Liebe (und der allgemeinen Bindungskraft), so dass sowohl der einzelnen
wie der allgemeinen Liebe jede Art von Bindung und Vereinigung adäquat ist. gp
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